Der Internationale Tag der Roma ist eine Art Nationalfeiertag für eine Nation, die es gar nicht gibt. Oder vielleicht doch? Ein Video-Kommentar von Branislav Nikolic.
Als „Nation-Masturbation“ beschreibt Branislav Nikolic die Art, wie der Internationale Roma-Tag seit seiner Einführung symbolisch immer stärker geprägt wird. Die Flagge und die Hymne seien eindeutige Indikatoren dafür, sagt Nikolic in seinem Video-Gastkommentar. Der undifferenzierte Umgang damit treibe viele Menschen wieder in die Arme national-gesinnter Politikerinnen und Politiker.
Branislav Nikolic lebt in Wien, ist prägendes Mitglied der Roma-Community und Gründer der Medienplattform Gipsy.at. Er wendet sich offen gegen die Idee eines Roma-Staates, gegen die Idee von Nationen generell: „Was ist los mit dieser Welt? Haben wir nicht schon genug verschiedene Nationen, die Nationalismus verbreiten und durch Stacheldraht voneinander getrennt sind?“
Ebenso kritisiert er die Segregation durch Politik und Begriffe: „Zigeuner brauchen keine Roma-Rechte, sie brauchen Menschenrechte. Sie setzen sich für alle Menschen ein.“
Branislav Nikolic ist Gründer des Roma-Mediums „Gipsy.at“
Deshalb richtet er einen Appell an die gesamte Gesellschaft: „Helfen Sie uns bitte nicht. Alleine ist es schon schwer genug.“
Kurze Geschichte des Internationalen Roma-Tages
Das Datum ist in Erinnerung an den ersten Welt-Roma-Kongress am 8. April 1971 in London gewählt worden, an dem 23 Vertreterinnen und Vertreter aus neun Staaten teilnahmen. Dieser Tag steht symbolisch für den Beginn der Roma-Bürgerrechtsbewegung. Damals wurden mit der offiziellen Flagge der Roma und der Hymne („Gelem, Gelem“) zwei wichtige Symbole der weltweiten Roma-Community bestimmt, über die auch heute noch kontrovers diskutiert wird – ebenso wie über die Verwendung von Fremd- und Eigenbezeichnungen.
Heute ist der Internationale Roma-Tag von allen europäischen und internationalen Organisationen und Institutionen anerkannt und wird auch als Anlass genutzt, um die vielfältigen Beiträge der Rom*nja und Sinti*zze in Geschichte, Kunst und Kultur sichtbar zu machen.
Source: dw.com